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Unruhestifterin

Geschrieben von Jay Watamaniuk

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Freelancer Rythe stürzte sich genau in dem Moment durch die grauen Wolken, als ein Dutzend schwerbewaffneter Gesetzloser sich aus dem Wald und den hohen Schneewehen schälte und sie ihren Angriff auf das uralte Grab von Neuem begannen. Die Gesetzlosen hatten sie noch nicht bemerkt. Genauso wenig wie die Arkanisten-Forscher, die drinnen Schutz gesucht hatten und nun zitternd ihr Ende erwarteten. Der alljährliche Temperaturabfall hatte kalte Winde, Eis und eine deutliche Zunahme an Jägern zur Folge gehabt, die nun in der Kälte nach leichter Beute suchten.

Diese Raubtiere würden nun aber bald erfahren, dass Rythe eine besondere Zuneigung zu Sprengstoff entwickelt hatte.

Eine blaue Leuchte im Inneren ihres Helms zeigte ihr an, dass alles bereit war. Ihren Freunden erzählte sie immer, dass sie alle Leuchtindikatoren ihrer Waffen gleich viel liebte, aber insgeheim war der blaue zweifelsohne ihr Liebling.

„Zeit für etwas harte Liebe!“, schrie sie und drückte den Abzug, der mit einem kleinen, pinken Herz versehen worden war. Der auf ihrer Schulter angebrachte Raketenwerfer schwang in seine neue Position und entfesselte eine Ladung der härtesten Liebe, die man mit moderner Munition verteilen konnte.

Als die Raketen mit spektakulären Explosionen in den Boden einschlugen, katapultierten sie Gesetzlose und Dreck in die Luft.

„Kabumm!“, sagte Rythe. Durch den Überraschungsangriff zerstreut, suchten die Gesetzlosen ihr Heil in der Flucht. Rythe ermutigte ihren schnellen Rückzug mit mehreren Salven aus ihrer Maschinenpistole. „Lag es an mir? Kommt schon, Jungs! Ich kann mich ändern!“

Lachend ließ sie ihre Pistole einige Male um den Finger kreisen, bevor die Waffe mit einem Klicken wieder ihren Weg in ihre Halterung fand. Heute war ein guter Tag. Grüner Dschungel, weißer Schnee und blaue Bereitschaftsleuchten, so weit das Auge reichte. Sie landete bei den Ruinen, in denen die Forscher sich verschanzt hatten.

„Ihr könnt jetzt rauskommen! Die Angreifer sind weg.“

Die Arkanisten wagten sich langsam hinter den beschädigten Wänden hervor und rieben die Hände aneinander, um sie zu wärmen, während sie sich furchtsam nach Anzeichen für einen weiteren Angriff umsahen. Als jedoch alles still blieb, dankten sie ihr mit einem erschöpften Winken.

Arkanisten, dachte sie verächtlich. Pfft. Rythe winkte zurück und besah sich dann prüfend das Schlachtfeld, um sicherzustellen, dass keiner der Gesetzlosen plötzlich auf die Idee kam, es noch einmal zu versuchen. Alles blieb ruhig.

„Gaddy, bist du da?“, sprach sie in ihren Helm hinein. „Katastrophe abgewendet. Du kannst den Auftrag abhaken.“ Heute war ein wichtiger Tag und sie freute sich schon tierisch darauf, endlich loslegen zu können – auch wenn sie ein wenig nervös war.

„Bitte nenn mich Gad. Danke!“, antwortete ihr Krypter über die psychische Verbindung. Rythe dachte nicht gerne darüber nach. „Ich werde die Enklave in Kenntnis setzen. Wie immer außergewöhnliche laute Arbeit, Rythe.“

„Blaues Licht bedeutet Feuerwerk, Baby!“ Rythe folgte dem Lauf eines breiten und sehr schnell tosenden Flusses und flog dabei so tief, dass sie das Wasser in ihrer unmittelbaren Nähe in kalten Nebel verwandelte. „Hey, zappelt der kleine Quälgeist schon neben deinem Hirnstuhl hin und her?“

„Neben meinem Verstärker. Ja, sie sitzt direkt neben mir. Fräulein Hope ist … sehr aufgeregt. Ich schalte euch zwei auf Kurzwellenfunk, während ich ihre Verbindung vorbereite.“ Ein schmerzhaftes Knistern und anschließendes Zischen von Elektrizität dröhnte durch Rythes Helm. Funk war wirklich Koroxscheiße.

„Ich habe gar nicht gezappelt!“, quietschte Hope über die Leitung. Während sie sprach, zappelte sie garantiert herum. „Krypter Gad sagte, dass du ein paar Arkanisten geholfen hast. Und das hab ich verpasst? Alles okay bei dir?“

„Mir ging’s nie besser, Kleine. Bist du bereit, diesen Drecksfunk zu kappen und dich via Geisteskraft zu verbinden?“

„Fast! Er bringt mich gerade rein.“

„Bereit für die Verbindung“, sagte der Krypter.

Es knallte noch einige Male, bevor ein leises Summen einsetzte. Verbindung erfolgreich. „Wow“, rief Hope. „Alles ist irgendwie unscharf. Moment, was ist das denn? Ich fliege! Sehe ich, was du gerade siehst? Das ist ja echt seltsam! Viel besser als Funk!“

Rythe hielt ihre Hand hoch und machte eine unanständige Geste.

„Tante!“

„Visuelle Überprüfung abgeschlossen“, erwiderte Rythe. „Lass uns noch etwas herumfliegen, bevor ich mich auf den Rückweg mache. Alles gut bei dir?“

„Klar! Das muss wirklich anders sein, wenn man es mit eigenen Augen sieht.“

„Deine Mama hatte mir verboten, Saltos und Rollen zu machen, als ich sie das erste Mal hierher gezerrt habe.“

„Sie hat mir erzählt, dass du das ignoriert hast.“

„Selbstverständlich. Es war meine heilige Pflicht, sexy Gefahr zum Tisch unserer Freundschaft beizutragen.“ Der Fluss wich einem Wasserfall, dessen Wasser unter Rythe in eiskalten Nebel hinab donnerte und verschwand. „Oh, das passt ja“, sagte sie unschuldig. „Zeit für meine morgendliche Rasur.“

„Was–?“

Rythe stürzte sich über die Klippe, schaltete ihre Düsen ab und begann einen langen und heulenden Sturzflug entlang des tosenden Wassers. Ihre Geschwindigkeit nahm immer weiter zu, bis die Welt zu grünen und grauen Schemen verschwamm. Wie eine Kanonenkugel tauchten die beiden zusammen in den weißen Nebel ein.

Nur einen Herzschlag später hatten sie den Nebel schon wieder verlassen. Der Erdboden näherte sich ihnen mit tödlicher Geschwindigkeit.

„Tante!“

Rythe ließ ihre Düsen aufdröhnen und verwandelte den drohenden brutalen Zusammenprall so in eine anmutige Kurve, die sie über eine friedlich grasende Herde von Korox führte. Ein Stück Kuchen – zwei, wenn man großzügig war – hätte noch zwischen Rythe und das borstige Haar auf ihren gepanzerten Rücken passen können.

„Das ist so toll“, schrie Rythe. Die Korox widersprachen mit lautem Brüllen.

„Das war total verrückt! Du bist die Beste!“

„Ja, ich bin die Beste.“ Sie sauste wieder hoch und flog gegen den Wind weiter. Schnee rieselte in einem Dunst aus dicken Flocken auf sie hinab.

„Was hat meine Mama beigetragen?“ Hopes Stimme war leise und sogar etwas zaghaft. „Zum, ähm, Tisch eurer Freundschaft, meine ich.“

„Oh, Kleine.“ Rythe lächelte. „Die wichtigeren Dinge. Ein Blick auf ein ganz anderes Leben. Wie es ist, eine Familie zu haben – dich, deinen Vater und einen sicheren Job. Ganz ehrlich, eine Ingenieurin? Herrje.“ Rythe verfiel einen Moment lang in Schweigen. „Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum sie sich überhaupt mit mir abgegeben hat. Es muss echt hart gewesen sein, mich ständig über die Zukunft zu belehren.“

„Was meinst du damit?“

„Deine Mutter war immer sehr geduldig. Sie hatte Pläne und war immer vorbereitet – das ganze Programm eben. All die Dinge, in denen ich schlecht bin.“ Rythe lachte. „Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie wir uns kennengelernt haben. Wir waren noch Kinder in der Schule – noch jünger als du jetzt. Sie trug immer diesen lächerlichen gelben Schal und erzählte allen, dass er sie vor Monstern schützen würde.“

„Aber trägst du nicht immer einen gelben Schal?“

„Natürlich tue ich das. Aber ich bin ja auch im Monstergeschäft. Ist doch logisch.“

„Logisch“, stimmte Hope zu. Rythe konnte ihr Lächeln hören.

„Yep, hat mich schon viele Male vor meiner eigenen Dummheit gerettet. Manchmal fliege ich einfach wie eine Verrückte, weißt du?“

„Das kann ich bestätigen.“

„Ich bin ja soooo enttäuscht, dass ihr Teufelsbraten so eine Besserwisserin ist.“

Rythe konnte Hopes Lachen über die Verbindung spüren. Viel besser als Funk, dachte sie sich nur. Sie hatte dieses Kind so lieb.

Schweigend flogen sie weiter. Rythe zeigte auf eine Gruppe – eine Meute? eine Horde? – von Klauninchen, die sich an langem, gefrorenen Gras gütlich taten und wies sofort die Bitte ab, einen von ihnen mit nach Fort Tarsis zu bringen. Sie umkreiste einen verwitterten Steinturm, dessen vom Zahn der Zeit lädierte Doppeltüren dem Neugierigen einen Blick ins Innere ermöglichten. Eine Weile lang schwebte sie über einem riesigen Gestalter-Konstrukt, das sich in und aus dem Boden wand wie eine Schlange aus Metall, die in der Kälte erstarrt war.

„Das ist unglaublich“, flüsterte Hope.

Die Ehrfurcht in ihrer Stimme war nicht zu überhören. „Es ist nur schwer in Worte zu fassen. Die Leute kapieren es nicht oder versuchen es gar nicht erst. Aber deine Mutter hat es verstanden.“

„Ich kann nicht glauben, dass du mir das nicht früher gezeigt hast.“

„Naja, ich wollte halt, dass es wirklich perfekt wird. Und wo wir grade von perfektem Timing reden, sieh mal da rüber zum Hammerdach-Berg. Genau da wollen wir hin.“

„Wir besteigen den Berg?“

„Wir gehen nicht rauf, sondern durch ihn hindurch. Supergeheimer Tunnel. Der führt uns direkt zum äußersten Rand der Oststrecke. Von da hat meinen einen guten Blick auf … ein riesiges Irgendwas. Das magische Wolkenland. Die absolut beste Aussicht in ganz Bastion.“

„Das magische Wolkenland?“

„Total offizieller Name.“

„Klaaaar.“

„So enttäuschend.“

Ein eisiger Schleier umgab den Fuß des Berges wie eine dicke Decke. Als sich Rythe langsam näherte, tauchten einige ölige Lichter im Nebel auf. Was sagst du? Sie behielt den Gedanken für sich, weil sie Hope nicht unnötig Sorgen bereiten wollte. Vielleicht war es bloß ein Lager. Sie konnte Bewegungen ausmachen, wahrscheinlich Menschen. Wer hockt denn bitte in meinem geheimen –?

Eine Explosion schmetterte sie zur Seite. Eine Sekunde lang verlor sie die Besinnung. Dann dröhnte ein dumpfes Schellen in ihr Ohr. Sie fiel dem Boden entgegen und geriet langsam ins Schleudern. Mit einem Grunzen verband sie sich wieder mit ihrem Anzug. Die Schilde waren weg. Verzögerte Reaktionen. Die linke Seite ihres Anzugs war völlig verkohlt, wodurch die lila Flammen nun nicht mehr sichtbar waren.

Das brachte ihr Blut in Wallung. „Das habe ich gerade erst lackieren lassen!“

Sie biss die Zähne zusammen und zündete ihre Düsen einmal, zweimal. Dann sprangen sie an und bremsten ihren Fall. Ihr Magen rutschte ihr bis in die Zehenspitzen. Das Schellen wandelte sich langsam zu lautem Geschrei.

„– hörst du mich? Was ist passiert? Hey –!“

„Ich bin noch da! Alles okay.“ Rythe tauchte in den Nebel ein und warf einen flüchtigen Blick über den Boden, während rote Linien von Peilgeräten ihr folgten und Beschuss niederregnen ließen, der sich durch gefrorene Bäume und die eiskalte Erde fräste. „Mehr Gesetzlose. Ich hasse diese Kerle.“

Kugelsalven prasselten auf ihre Brustplatte nieder und erhellten den eisigen Nebel in abgehackten Stößen. Sie raste vor und zurück, bis sie schließlich Deckung hinter einem großen, von Moos überzogenen Felsen fand.  Fast geblendet von den Scheinwerfern, die auf beiden Seiten ihrer Deckung den Boden erhellten, konnte sie trotzdem einige Details ausmachen. Tatsächlich handelte es sich um ein Lager direkt vor dem Eingang ihrer Höhle. Ein großes Lager. Barrikaden, Vorräte und Knarren, so weit das Auge reichte. Die Dreckskerle benutzten ihren supergeheimen Tunnel als eine Art zwielichtiges Hauptquartier.

„Großer Fehler, Schurken!“

Hopes Stimme hallte in ihren Ohren wider. „Tante?“

„Ich bin hier – lass mich nur schnell die Wäsche fertig machen. Ich bin gleich wieder da, okay? Dauert nicht lange.“

„Was? Nein! Lass mich–“

Rythe unterbrach die Verbindung zu Hope. Verdammt! Heute sollte es nur um schöne Dinge gehen, nicht um Schießereien. Diese Drecksäcke hatten das echt versaut.

Sie entsicherte ihre Pistole und zog eine brennende Linie über die blendenden Scheinwerfer. „Jungs, ich habe heute eine echt wichtige Verabredung geplant!“, rief sie ihnen zu. Die Gesetzlosen erwiderten das Feuer. Ihre wichtige Verabredung schien sie nicht sonderlich zu interessieren. „Typisch!“

Das Magazin ihrer Pistole erreichte sein Ende. Währenddessen zerfiel ihre felsige Deckung langsam unter dem unerbittlichem Beschuss aus dem Lager. Sie musste langsam hier weg, doch zuerst riskierte sie noch einen schnellen Blick zu ihnen hinüber – dort, gar nicht weit entfernt, konnte sie die Hauptgruppe der Gesetzlosen vor dem Eingang des Lagers ausmachen. Sie steckte ihre Pistole wieder ein und bereitete die schweren Geschütze vor. Diese Geschütze waren allerdings nicht wirklich Geschütze, sondern Nelly, ein elektrisiertes Schwert.

„Los geht’s, Nelly!“

Sie machte einen Satz nach vorne an den Scheinwerfern vorbei und legte die Entfernung zwischen sich und den Gesetzlosen in einer Geschwindigkeit zurück, die sich nur sehr gefährlich impulsive Menschen zutrauen würden. Nelly schwang in einem langen Bogen auf die Gesetzlosen nieder und krachte in die Mitte ihrer Gruppe. „Kabumm!“ Die darauffolgende Druckwelle ließ die Gesetzlosen mit einem befriedigenden Geräusch gegen den Eingang knallen. Dann kollidierte irgendetwas mit ihrem Knie und brachte sie zu Fall. Ein kontinuierliches Ting-Ting-Ting dröhnte in ihre Ohren, als mehr Beschuss aus der Richtung des Tunnels auf sie niederprasselte. Rythe kämpfte sich wieder auf die Beine und warf ihnen eine Granate entgegen. Die feurige Explosion einen Moment später verriet ihr, dass sie einer sehr großen Gruppe – einer Meute? einem Rudel? – von Gesetzlosen gegenüberstand.  „Echt guter Widerstand, Jungs! Sechs von zehn Sternen!“ Zur Antwort prasselte erneut hämischer Beschuss aus der Tiefe des Tunnels auf sie ein. „Ich kann eure Leidenschaft echt spüren!“  Sie nutzt das Chaos, um ihre Pistole nachzuladen. Die beste Antwort auf Kugeln war am Ende eben doch einfach noch mehr Kugeln. Ein Knall ertönte in ihrem Helm, gefolgt von einem tiefen Summen.

„– kannst mich nicht einfach ausklinken! Was ist los? Du sagtest „Gesetzlose“? Warum steht bei dir alles in Brand?“

„Hope?“ Kugeln streiften ihren Helm. „Was zum Henker?“

„Bist du verletzt?“, schrie Hope ihr in die Ohren. „Sag mir, was los ist!“

„Alles in bester Ordnung! Trenne Verbindung!“ Rythe unterbrach Hopes Verbindung erneut. Mal wieder. Sie setzte sich mit ihrem Krypter in Verbindung. „Gaddy, halte sie bitte raus! Es gibt hier nix zu sehen!“ Einige Male feuerte sie ihre Pistole in den Tunnel, um die Gesetzlosen zu beschäftigen.

„Sie ist sehr –“, fing Gad an.

„Mach es einfach!“ Rythe warf eine weitere Granate. Die Explosion hallte im Eingang der Höhle wider. „Das Spiel geht weiter!“, rief sie, bevor sie in die Höhle stürmte. Donnernder Beschuss begrüßte sie.

Mit flinken Händen steckte sie die Pistole weg und zog ihre Schrotflinte. Wenn sie mehr Pepp brauchte, dann war Fräulein Keks immer zur Stelle. Sie stürmte weiter voran und feuerte so lange, bis das Gegenfeuer verstummt war – das war eigentlich meistens ihre Strategie. Es roch nach Öl und verbranntem Freelancer. Mit langen, dumpfen Schritten eilte sie die steinerne Passage entlang.

Raketen!

Blitzschnell wich sie nach rechts aus und entging der Salve, die den Gang entlangdonnerte, um Haaresbreite. „Ihr verwendet ein Geschütz in einer Höhle? Voll unsicher!“ Der Durchgang mündete schließlich in eine große Höhle. Das letzte Mal, als sie diese Höhle erkundet hatte, war sie stockfinster gewesen und nur einige Büschel glühenden Mooses hatten die Dunkelheit durchdrungen. Dieses Mal war sie bis zum Rand mit rostigen Barrikaden, zusammengebastelten Scheinwerfern und Gasfeuern gefüllt, welche die Höhle in ein bedrohlich wirkendes Orange tauchten. „Drecksäcke“, rief sie, während von verschiedenen Ecken der Höhle aus erneut das Feuer auf sie eröffnet wurde. „Ihr legt euch ja ganz schön ins Zeug. Vielleicht acht von zehn Sternen?“

Sie ging hinter einem Haufen Altmetall in Deckung, während Kugeln überall um sie herum einschlugen. Als sie sich umsah, konnte sie eine Möglichkeit für eine Lehrstunde ausmachen. Sie kniff ein Auge zu und zielte auf einen der Gaskanister, bevor sie einen Schuss abgab. Ihr Trainer hatte ihr stets eingebläut, genau so nicht zu schießen. Zischhhhh … Bumm!

Das war ihr Einsatz.

Sie schoss über das Niemandsland hinweg und krachte durch eine Barrikade direkt in eine Gruppe überraschter Gesetzloser.

Ein heftiger Schlag mit ihrem Handschuh stieß zwei von ihnen zurück, während sie mit der anderen Hand Fräulein Keks in dem kleinen Bereich entlud. „Ihr solltet die Sprengstoffe nächstes Mal lieber an einem sicheren Ort aufbewahren, ihr Meisterganoven!“ Ein kleines Objekt prallte klirrend von ihrem Bein ab. Granate! Sie ließ sich erneut durch das Loch in der Wand fallen und nur einen Herzschlag später machte sich eine gewaltige Explosion in dem kleinen Bau Luft.

Autsch.

Rythe ignorierte die vielen blinkenden Warnleuchten. Ihr Anzug war in schlechter Verfassung. Sie fühlte, wie warmes Blut in die Polsterung einzog. Auch die so wichtigen organischen Teile ihres Körpers waren nicht gerade in guter Verfassung. Ein vertrautes, leises Summen ertönte erneut in ihrem Ohr.

„Freelancer Rythe, du solltest dir das lieber noch einmal –“

„Auf keinen Fall! Auf geht’s, Blutrote Lancer!“

„Rythe –“

„Schaltet nächste Woche wieder ein!“

Sie musste das Raketengeschütz erreichen. Nachdem sie sich durch eine ganze Reihe von Barrikaden gerammt hatte, schwang sie sich erneut in die Lüfte und ihre Düsen brüllten laut auf. Ihre Sicht begann langsam zu verschwimmen.

„Mir fällt gerade nichts Cooles ein!“, schrie sie in einem Tonfall, als wäre das der coolste Ausruf, den sie je von sich gegeben hatte. Das Geschütz antwortete mit mehr Raketen, die von der Tunnelwand abprallten und explodierten, wodurch sie erneut ins Taumeln geriet. Sie keuchte und sog ächzend Luft in ihre Lungen, während sie sich gegen die Höhlenwand drückte. Eine Gruppe von Gesetzlosen nutzte das Geschütz als Deckung. „Dramatisches letztes Gefecht! So muss das sein!“

Sie überprüfte ihre blaue Leuchte. Kein Flimmern.

„Komm schon, blaues Lämpchen. Hilf mir aus der Patsche.“

Das Geschütz drehte sich ihr zu und nahm sie ins Visier. Funken von Querschlägern füllten ihren kompletten Sichtbereich aus. Überall blinkten Warnlampen auf. Schüsse schnitten durch ihre Haut.

„Verdammt nochmal, blaue Leuchte!“

Ding. Blaue Leuchte.

„Harte Liebe!“ Sie drückte den Herzchen-Abzug und eine Salve von Raketen löste sich in großem Bogen von ihrer Schulter, bevor sie in einem feurigen Halbmond auf die Gesetzlosen niederregneten. Ich liebe die Explosionen! Rythe lehnte sich erschöpft gegen die Wand. Fräulein Keks war bereit, aufkommende Folgefragen zu beantworten. Ihre Atemzüge waren unstet und schwer. Als der Rauch sich verzogen hatte, waren nur noch Ansammlungen kleiner Feuer, schwarze Krater, ehemalige Gesetzlose und verschrottetes Metall zu sehen. Blut rann an der Vorderseite ihres Anzugs hinab. Sie drückte eine Hand gegen ihre Schulter. „Mist, dabei hab ich das doch gerade erst reparieren lassen.“

Mit einem Stöhnen ließ sie sich gegen die Tunnelwand fallen. „Gute Arbeit heute, Jungs.“ Sie hinkte einige Meter weiter und horchte in den Tunnel hinein. Nichts zu hören. Keine Gesetzlosen mehr übrig. Sie hustete. „Wir machen morgen genau hier weiter.“

„Freelancer?“ Eine Stimme machte sich in ihrem Ohr bemerkbar.

„Alles bestens, Gaddy, äh, Gad. Der supergeheime Tunnel ist wieder benutzbar. Wie geht es Hope?“

„Sie ist etwas perplex, aber sonst ist alles okay. Sie wartet darauf, sich wieder verbinden zu dürfen.“

„Gib mir einen Moment.“

Gefrorene Ranken und Moos bedeckten die letzten Meter des Tunnels, bis sie schließlich eine breite, steinerne Kante erreichte, auf der ihr der Wind sanft entgegen blies. Die Klippe fiel vor ihr steil ab und mündete in ein Meer aus tief hängenden Wolken, die sich bis zum Horizont erstreckten. Das magische Wolkenland.

„Okay, stell sie durch.“ Ein Knallen, gefolgt von einem leisen Summen.

„– nein! Du sagst ihr jetzt sofort … was … oh, wow.“ Hopes Zorn ließ augenblicklich nach.

„Siehst du das?“, fragte Rythe.

„Ja. Das … ist ja wirklich endlos.“

„Die beste Aussicht in ganz Bastion. Wie versprochen.“ Rythe trat von einem Fuß auf den anderen. „Hey. Die Sache vorhin … tut mir leid. Ich dachte nur, dass –“

„Was genau dachtest du denn?“ Der Zorn kehrte an die Oberfläche zurück. „Dass ich nur ein Kind bin? Dass ich damit nicht umgehen kann?“

„Nein. Hey! Das meinte ich nicht. Ich wollte, dass sich heute alles um schöne Dinge dreht, verstehst du?“ Sie setzte sich mit einem Stöhnen hin und ließ die Beine über den Rand baumeln. „So wie dieser Ort. Das war der Lieblingsort deiner Mutter.“

„Meine Mama ist tot“, gab Hope bissig zurück. „Irgendeine dumme Krankheit hat sie erwischt und ich konnte nichts dagegen tun.“

„Ich weiß.“ Rythes Herz zog sich zusammen. „Es tut mir unendlich leid.“

„Dann hör auf damit, mir Dinge zu verheimlichen. Ich hab das Schlimmste schon gesehen.“

„Hope –“

„Du hast ihr Angst gemacht – weißt du das?“ Rythe konnte Hopes Zorn hinter jedem ihrer Worte spüren. „Du gehst da draußen so viele Risiken ein, aber du hattest immer deine ganz besondere Sichtweise auf Dinge. Du hast immer alles geliebt – sogar die unschönen Sachen. Du hast einfach eine verrückte Freude am Leben.“

„Das hat sie gesagt?“

„Andauernd.“ Ihr Zorn verblasste langsam. „Heute wollte ich –“ Ihre Stimme zitterte. „Ich wollte, dass du mir zeigst, wie das geht.“

Oh, Kleine. Rythe schaukelte auf der Klippe vor und zurück, während Schnee in das unendliche Tal unter ihr rieselte. Der Wind war eiskalt. Sauber und frisch.

„Okay“, sagte Rythe. „Abgemacht.“ Sie richtete sich langsam auf und sowohl ihr Körper als auch ihr Anzug knarzten laut.  „Hab mir überlegt, dass wir uns den Turm nochmal ansehen könnten – du weißt schon, den mit den Türen. Interessiert?“

„Was? Nein. Du kannst doch kaum stehen. Flieg bitte nicht zu verrückt.“

Die Stimme und der Ton kamen ihr schmerzlich vertraut vor.

„Stimmt schon, Kleine“, erwiderte Rythe. „Ich komme zurück. Wir suchen uns ein oder zwei Verbände. Und dann etwas Kuchen.“

„Klingt toll.“

„Aber nächstes Mal erkunden wir den gruseligen Turm – nur du und ich“, fügte Rythe dann hinzu.

„Gibt es da Monster?“, fragte Hope.

Rythe zögerte. „Vielleicht.“

„Wir kriegen das schon hin.“

„Ist das so?“

„Gelber Schal. Ist doch logisch.“

„Logisch“, Rythe lachte.


Besonderer Dank gilt Cathleen Rootsaert, Mary Kirby, Jeffrey Campbell, Ryan Cormier, Karin Weekes und Danielle Gauthier, die Rythe als Erste zum Leben erweckt hat.


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